Schwierige Gespräche führen- „Du zuerst“ – die innere Haltung entscheidet

„So wie ich ihn zu einem heiklen Thema anspreche, macht er dicht!“

„Ich brauche unsere Beziehung bei ihr gar nicht ansprechen. Sie mauert sofort!“

Ein Gespräch über die Beziehung und mögliche Probleme in der Beziehung ist nicht immer einfach. Zum Teil sind diese Gespräche sogar extrem schwierig. Zum einen, weil es eine Menge Kraft kosten kann, sich überhaupt zu diesem Gespräch zu überwinden, zum anderen, weil die Partnerin oder der Partner auch nicht unbedingt dazu bereit ist, gerade jetzt über etwas unangenehmes zu sprechen.

Neben der Wortwahl, dem Zeitpunkt und anderen Faktoren spielt die innere Haltung eine maßgebliche Rolle. Hier möchte ich einen kleinen Einblick in die Grundhaltung der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg geben. Besonders populär ist diese Sprache wegen ihrer Einfachheit und großen Wirkungskraft geworden. Gleichzeitig stellen Coaches und Trainer immer wieder fest: Einfach heißt nicht leicht.

Zusammengefasst basiert diese besondere Art der Sprache auf den vier Schritten: Wahrnehmung – Gefühl – Bedürfnis – Wunsch/Bitte. Welches Verhalten habe ich wahrgenommen? Besonders der bewertungsfreie Ausdruck spielt eine große Rolle. Welches Gefühl hat das bei mir ausgelöst, weil welches Bedürfnis gerade zu kurz kommt? Worum möchte ich nun mein Gegenüber bitten. So einfach das klingt, so anspruchsvoll ist dieser Kommunikationsweg. Wer sich für diese empathische Sprache interessiert, kann an einer der vielen Fortbildungen auf dem Markt oder direkt im Coaching bei mir damit vertraut machen.

Um sich nun auf ein Gespräch vorzubereiten, hat sich eine Sache bei meinen Klientinnen und Klienten herauskristallisiert. Die innere Haltung und erst der Fokus auf die andere Person. Eine sensible Wahrnehmung, ob mein Gegenüber mein ehrliches Interesse an sich spürt oder ob er/sie sich von mir manipuliert, bedroht oder angegriffen fühlt, hilft, frühzeitig sich zurückzunehmen und aufzuklären, um nicht die Gesprächsbereitschaft zu verlieren.

Im ersten Schritt muss ich mit mir selbst klären, wie sehr mir meine eigenen Bedürfnisse und wie sehr mir die Bedürfnisse meines Gegenüber wichtig sind. Klingt leichter als es in der Praxis ist. Was sind denn überhaupt Bedürfnisse? Welche Bedürfnisse habe ich selbst? Welche kamen zu kurz? Wenn ich für mich sagen kann, dass die Bedürfnisse meines Partners oder meiner Partnerin mir gleich wichtig sind wie meine eigenen, habe ich bereits einen wichtigen Schritt geschafft. Dann legen wir jetzt im Gespräch den Fokus auf die Bedürfnisse des anderen. „Ja, warum denn dann nicht auch auf mich?“ fraget mich eine Klientin. Weil wir jetzt im Gespräch empathisches Verständnis erzeugen, indem wir uns voll und ganz auf den anderen einlassen. Dabei geben wir unserem Gegenüber die Einladung und die Chance sich voll und ganz verstanden zu fühlen und sich uns zu öffnen. Dieses „verstanden werden“ ist in einer Beziehung – einerlei ob privat, familiär oder beruflich – wie die Luft zum atmen. Werde ich nicht verstanden, fühle ich mich wohl und suche woanders, verstanden zu werden.

Wenn ich mich nun auf den anderen eingelassen habe, und mein Gegenüber schüttet mir sein Herz aus, kann ich mit großer Dankbarkeit für diese Ehrlichkeit und Offenheit reagieren, es würdigen und einfach so aufnehmen. Ohne Wertung und ohne mich dadurch persönlich angegriffen zu fühlen. Da steckt manchmal die Problematik. Jetzt bekomme ich zum Teil Informationen zu hören, die mir überhaupt nicht gefallen, mich beleidigen, herabsetzen oder kritisieren. Dem kann ich begegnen mit der Erkenntnis, dass hinter all den Aussagen unerfüllte Bedürfnisse stecken, die in Ermangelung einer anderen Sprache, ihren Weg zu mir gefunden haben. DAS ist ein riesiges Geschenk, mit dem man in einer Beziehung nun großartig arbeiten kann.

Weil nicht jeder diese Fertigkeiten besitzt, trainiere ich mit meinen Klientinnen und Klienten genau diese innere Haltung, die Kontrolle der Impulse und die Übersetzung in eine bedürfnisorientierte Sprache.